Island im Nordwesten

Do., 22.07.1992 - zweiter Wandertag

Als es am nächsten Morgen immer noch regnet und die tief hängenden Wolken auch keine Besserung verheißen, sinkt die Stimmung merklich. Unser Müsli nehmen wir im Zelt zu uns. Die Wolken verziehen sich auch langsam und wir schöpfen wieder Hoffnung. Eine Sonnenphase nutzen wir für die Körperpflege. Wasserfall Knapp zehn Minuten den Fluss aufwärts finden wir einen beeindruckenden Wasserfall. Das Wasser kommt vom Gletscher und ist dementsprechend kalt. Schreiend stürzen wir uns in die eiskalten Fluten. Nach Luft schnappend wird die Neutralseife auf die erreichbaren Körperstellen verteilt und dann ein kurzer Tauchgang. Raus, raus, raus. Auch bei 10 Grad Lufttemperatur und einem leichten Wind, ist die gefühlte Temperatur nach dem Abtrocknen erstaunlich hoch. Auch unbekleidet macht es uns jetzt nichts aus noch ein wenig die Aussicht auf die Bucht zu genießen. Schon toll so ganz allein. Die regenfreie Zeit nutzen wir zu einem zweiten Frühstück mit Tee und Broten. Es ist schon weit nach Mittag, als wir aufbrechen. Kein Problem, es ist ja lange hell. Der Fluss führt immer noch (schon wieder) zuviel Wasser. Wir halten uns noch etwas mit Steine schleppen und so weiter auf, queren den Fluss dann aber mit Sportsandalen. Warum nicht gleich so.

Zunächst müssen wir "runter". Das ist einfacher gesagt, als getan. Nach dem flachen Weg auf der Hochebene gestern, kommt es heute richtig dick.Wir müssen die Klippen runter nur wo? Ein Weg ist hier nicht auszumachen. Es geht mal runter (super) dann wieder rauf (buh). Klettern So richtig kommen wir nicht weiter. Wir entschließen uns etwas zu "klettern". Einen Felsabsatz von 10m geht es mit 30kg auf dem Rücken und in Regenklamotten runter. Ich mache mir fast in die Hose vor Angst. Aber alles geht gut und wir gewinnen an Fahrt. Nach 3 Stunden Kampf stehen wir an der Küstenstraße und müssen uns unter einer Brücke vor dem Wind in Sicherheit bringen. Die große Pause fällt deswegen kürzer aus als gedacht. Unter den Regenhosen sind wir klitschnass und frieren sobald wir uns nicht mehr bewegen. Die 6-8 km um den Fjord nutzen wir um uns wieder aufzuwärmen. Dann treffen wir eine folgenschwere Entscheidung. Wir wollen runter von der Straße und über einen Pass abkürzen. Kurz vor der Passhöhe sind wir dann fertig mit der Welt. Mir tun zudem die Schultern und die Füße weh. Am Vorabend hatte ich vom Rucksackgewicht Kopfschmerzen. Die bleiben heute zum Glück aus. Gegen 22:00 Uhr stellen wir das Zelt auf und kriechen ins Zelt. Es ist sehr windig und kalt ’Äì uns jedenfalls. Es gibt erst einmal etwas warmes zu essen: chinesische Reispfanne. Der Radioempfang ist zwar nicht zuverlässig, aber erträglich. Ansonsten wird wieder gelesen und geschrieben. Um 0:00 Uhr setzt Regen ein.

Fr., 23.07.1992 - Auf der Passhöhe

Es regnet immer noch. Die Wolken hängen tief. Abwarten und Tee trinken ist angesagt. Um 13:00 Uhr ist die Situation unverändert. Sichtweite 20m, Regen und Wind. Wir schreiben den heutigen Tag langsam ab. Es gibt noch einmal Trockenverpflegung (Nüsse, Schoko, Tr.-obst und Müsliriegel) und Dirk spendiert einen Traubenzucker für die Stimmung. 20:00 Uhr: keine Veränderung. Der Tag ist gelaufen. Einen Nachtmarsch ziehen wir noch nicht in Betracht. Am nächsten Tag soll es auf jeden Fall weiter gehen. Es gibt noch einmal Brot. Später lässt der Regen etwas nach, aber der Nebel (Wolken?) bleibt auf dem Sattel kleben, trotz des böigen Windes. Das Radio rauscht mehr, als das es spielt. Nach 24 Stunden im Zelt, geht das Licht aus.

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