England/Wales

16.06. Mellingten Hall - Ludlow (52km / 842km)

Sigi: Heute haben wir von Beginn an gute Verhältnisse, selbt der Windgott ist uns gewogen. Etwas warm ist es vielleicht :-) Unser BurgparkplatzKatrin hat verschiedene interessante Dinge auf der heutigen Strecke ausgemacht und so fragen wir nach. Eine sehr nette Touri-Tante (gleichzeitig Tante Emmaladen) legt uns besonders ein Schloss aus dem 13. Jahrhundert ans Herz und wir bereuen nicht dem Rat zu folgen. (mehr siehe Katrin)

Katrin: Mittwoch: Erst um 8 aufgewacht, es ist ganz schön warm im Zelt.

Ohne Frühstück losgefahren. Hatten wieder keine Milch für's Müsli. Superwetter, schon morgens sehr heiß, entgegen allen uns bekannten Vorhersagen. Also lassen wir den superordentlichen Platz hinter uns.

Vom "Schloßh;" Mellington Hall ging es erstmal bergab, aber leider mit Bremsschwellen für Autos. Schon komisch, so ein schickes Hotel mit Ferienhäusern und Campingplatz im Hintergrund.

Der Weg nach Bishop's Castle, wo es Frühstück geben sollte, war erst ganz ok, ging natürlich wieder fleißig rauf und runter, aber die Strasse war relativ ruhig und rechts und links waren nette grüne Hügel zu sehen. Allerdings hat die Sonne uns gebraten, wenn es bergauf ging und der Fahrtwind nachließ.

Kurz vor Bishop's Castle kam's dann nochmal happig. Bergauf, bergauf, bergauf, immer mehr oder weniger steil, besonders mehr. Als wir so ungefähr auf halber Strecke Pause machten, kamen zwei Radrennfahrer an uns vorbei und haben kurz angehalten. Sie meinten unter anderem, wir hätten viel Gepäck. Worauf der eine meinte: aber es ist ein Cannondale, das packt das schon (er hatte auch eins).

Der letzte Anstieg zum Ort hat meine Oberschenkel verkrampfen lassen. Aber im Ort gab es dann ziemlich bald einen Laden für Milch und einen Schattenplatz an einer Bushaltestelle zum Müsliessen.

Wunderbar - endlich essen, hart verdient. Der Ort hatte auch eine knuffige Kirche mit Wehrturm. Dort haben wir nach dem Frühstück noch einen kurzen Halt eingelegt.

Weiter ging die Quälerei (war wirklich zu heiß zum Bergauffahren, aber bergab und gerade, vom Wind unterstützte, Stücke waren ganz nett).

Craven Arms: Teepause in einem schön kühlen Pub. Ziemlich viel Tee und zum ersten Mal genug Milch und alles für 1,40. Erstaunlich.

Kurz danach haben wir einen wuseligen Newsagent mit Touri-Info gefunden und dort nach dem Schloß gefragt, dessen Infoblatt ich im Pub auf dem Weg zum Ballsaalklo (Riesenraum mit drei Waschbecken, Holzbohlen) gefunden hatte.

Die Dame von der Info versuchte, uns auch noch die zwei lokalen Museen und den Campingplatz schmackhaft zu machen. Das erste Mal, dass ich das Gefühl hatte, man bekommt mehr Info als die, nach der man gefragt hat (und die, nach der man gefragt hat bekommt man noch dazu). Das Schloß war erstaunlicherweise nur eine Viertelmeile weg, damit hatte ich gar nicht mehr gerechnet. Eine vielbefahrene halbe Meile.

Blick von Burg auf KircheDas Schloß lag hinter einer alten Kirche. Historic England = teuer. Audioguide gab's dafür gratis. Sehr nette kleine Burg aus dem 13.Jhdt. Von einem Wollhändler gebaut, erstaunlicherweise. Ungewöhnliche Deckenbalkenkonstruktion und überhaupt relativ gut erhalten dank einer Dame, die sich Mitte des 19.Jhdts dafür interessierte. Bei tollem Sonnenschein auf dem Burgturm gestanden.

Gegen vier weiter Richtung Ludlow. Nochmal Bergaufpause. Ansonsten war der Weg relativ gut zu finden. Am Ende kam allerdings noch ein Stück fiese grüne Straße. Sehr befahren, auch mit LKW.

Die weiße Strasse war bis auf gelegentliche Steigungen super. Ein einziges Auto kam von hinten, keine von vorne auf der ganzen Strecke, bis wir bei der Rennbahn mit Golfplatz ankamen.

Mal wieder ein PlattenLudlow voller Autos und sehr steil, Berg hochgeschoben.

Mal wieder ein PlattenTouri-Info wollte gerade schließen, wir konnten sie gerade noch überzeugen, uns die nächste Campsite zu zeigen. Siegfried fiel dann noch ein, daß B&B doch netter wäre. Nach einigem Durchfragen (Touri-Info ja schon zu) hat uns ein freundlicher, etwas wuschiger Mann zu "excentric Ken" im Mirabeau gebracht. Total vollgestelltes Haus, viel glänzender Kitsch. Jede Menge Spiegel in Goldrahmen, Bilderrahmen, Kerzenständer und Nippes und Porzellan mit und ohne Gold. Und auch viel zu viele Möbel, pinkfarbene Wände, dunkelgrünes (vormals leuchtendrotes?) extrem schmales Bad. Superweiches Bett. Ach, und viel Blumenstoffe.

Nach Dusche (gar nicht so einfach anzuschalten das Gerät) in die Stadt gegangen. Indisches Chicken Tikka Marsala mit seltsamem Reis - viel besser als Chips, mit oder ohne Fish. Extremely hot in both senses of the word. Verspeist auf einer Bank bei der leider geschlossenen Burg.

Einmal um die Riesenburg spaziert. Auf der Nicht-Burgseite fällt der Hügel steil ab. Schöner Sonnenschein. Bald Theaterfest an der Burg. Shakespeare.

Netter Ort, viel Timberhouses. Sehr intakter alter Stadtkern.

Zurück ins Mirabeau. Herrlich kitschiger Aufenthaltsraum: Genauso pink gestrichen wie unser Zimmer, aber noch wesentlich voller. Viel Gold und Porzellan. Wie wir später erfahren ist er ein Fan von Dresdner Porzellan.

Fußball geguckt vom Laura Ashley Blümchensofa neben einem Stapel Country Life. Etwas Tagebuch getippt und dann kam unser Gastgeber so gegen 10 und erzählte uns alles Mögliche über seine Kollektion. Zwölfteiliges Silberbesteck in riesigem Koffer mit Hummeressinstrumenten, Kaviarmessern und sonstigem Schnickschnack. Englische Kopien von Dresdner Porzellan (ob die wohl Kopiergebühren dafür gezahlt haben?) Wäre nie darauf gekommen, Porzellan gegen Licht anzugucken.

Außerdem hat er uns von seinem Freund erzählt, der erst Koch bei der Queen war, bevor Charles und Diana ihn gemopst haben. Jetzt ist er selbständig und Millionär. Er selbst hat mit 15 in einem Hotel im Londoner Westend Koch gelernt.

Im Keller betreibt er ein Restaurant, das aber nur für spezielle Gelegenheiten gebucht werden kann.

Vor einer ganzen Weile haben Tom Sharpe und eine ganze Horde Schauspieler bei ihm gewohnt als ein Tom-Sharpe-Buch verfilmt wurde. Davon hatte er noch schwarz-weiß Photos, die er selber seit dreißig Jahren nicht angeguckt hatte.

Ansonsten war er begeisterter Flohmarktgänger, durchaus aber auch mit Gewinninteresse. Sein Einkaufssystem war mir aber nicht ganz klar.

Irgendwann mussten wir dann flüchten in das Hängemattenbett. Der Mann kann reden wie ein Wasserfall und wir sind doch müde von den ganzen Steigungen. Schade, denn das Gespräch war sehr interessant. Nächstes Jahr (2005) geht er in Rente, und dann gibt er den meisten Kitsch zur Auktion - sagt er.

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